Hinweis­geber­schutz­gesetz in Österreich

Meldekanal für Whistleblower nunmehr verpflichtend

Der Schutz von Hinweisgebern, oft auch Whistleblower genannt, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Oftmals fürchten Hinweisgeber Nachteile, die sie davon abhalten können, auf Missstände oder Rechtsverstöße hinzuweisen. Die Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937) der Europäischen Union wurde in Österreich im Jahr 2023 durch das Hinweisgeberschutzgesetz (HSchG) umgesetzt. Im Kern setzen sich die Vorgaben zum Hinweisgeberschutz mit der Problematik auseinander, dass Whistleblower in der Praxis teilweise Anfeindungen, Gerichtsprozessen, Repressalien und Bedrohungen ausgesetzt sind. Das HSchG soll Whistleblower in Österreich vor solchen Nachteilen schützen und gleichzeitig dazu beitragen, Fehlverhalten aufzudecken und das Bewusstsein für Compliance zu fördern.

Vertrauensförderung durch klare Abläufe

Ziel des HSchG ist es, die Bereitschaft zu rechtmäßigem Verhalten in Bereichen von besonderem öffentlichen Interesse zu fördern. Dazu werden einfache und vorhersehbare Verfahren für Hinweisgeber geschaffen, um mögliche Rechtsverstöße zu melden. Dadurch werden nicht nur die Hinweisgeber selbst, sondern auch deren Umfeld vor persönlichen Nachteilen geschützt.

Das österreichische Hinweisgeberschutzgesetz sieht zwar nicht ausdrücklich vor, dass betroffene Unternehmen verpflichtet sind, auch anonyme Hinweise entgegenzunehmen. Langt jedoch eine in den Anwendungsbereich des HSchG fallende Meldung eines anonymen Hinweisgebers ein, so genießt dieser jedenfalls den Schutz des HSchG. Geschützt sind also nicht nur Hinweisgeber, die ihren Namen nennen, sondern auch solche, die anonym einen Hinweis geben. Das Hinweisgeberschutzgesetz enthält strenge Vorgaben zur vertraulichen Behandlung des Hinweises, zur Verschwiegenheitspflicht und zum Schutz der Identität des Hinweisgebers.

Pflicht zur Einrichtung eines internen Hinweisgebersystems

Das HSchG verpflichtet Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts mit mindestens 50 Beschäftigten zur Einrichtung eines internen Hinweisgebersystems. Ein internes Hinweisgebersystem ermöglicht es den Beschäftigten, Verstöße und Missstände vertraulich zu melden, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Mit der Verpflichtung zur Einrichtung eines internen Meldekanals soll sichergestellt werden, dass Unternehmen ab einer bestimmten Größe Mechanismen einrichten, die die Meldung von Fehlverhalten fördern und gleichzeitig die Identität der Hinweisgeber schützen.

Lückenhaftes Gesetz bereitet Probleme bei der Umsetzung

Das HSchG setzt in weiten Teilen lediglich die in der Whistleblower-Richtlinie vorgegebenen Inhalte um, die EU wiederum verfügt nur über begrenzte Kompetenzen zur Vorgabe von Harmonisierungen. Dies hat zur Folge, dass Hinweisgeber, die außerhalb des sachlichen Anwendungsbereichs des Gesetzes handeln, nicht durch das HSchG geschützt sind. Die Konsequenz: Viele Hinweise auf strafrechtlich relevante Sachverhalte fallen nicht unter den sachlichen Anwendungsbereich des HSchG. Dies betrifft beispielsweise die im Wirtschaftsstrafrecht besonders relevanten Straftatbestände und Hinweise auf Veruntreuung, Unterschlagung, Betrug und Untreue, die regelmäßig Gegenstand von Whistleblower-Meldungen sind. Auch Arbeitnehmerschutzbestimmungen sind vom sachlichen Anwendungsbereich des HSchG ausgenommen. Whistleblower, die einen Vorfall in diesem Sinne melden, fallen daher nach österreichischem Recht nicht in den Schutzbereich des HSchG. Dies ist ein noch ausbaufähiger Bereich, der vom Gesetzgeber (spätestens) im Jahr 2026 evaluiert wird, um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

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Dr. Elias Schönborn

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Rechtsanwalt und Strafverteidiger

Praxistipp: Interne Meldekanäle freiwillig erweitern

Da der sachliche Anwendungsbereich des HSchG viele wichtige Compliance-Aspekte wie dargestellt nicht erfasst, empfiehlt es sich für Unternehmen, die internen Meldekanäle freiwillig breiter auszugestalten, als gesetzlich vorgeschrieben. Dies gilt insbesondere für relevante Compliance-Kernbestimmungen wie das Strafrecht. Im Klartext bedeutet dies, dass Unternehmen beispielsweise auch Hinweise auf strafrechtlich relevante Verstöße wie Betrug und Untreue umfassend in ihren internen Meldekanälen zulassen und Hinweisgebern auch für solche Hinweise den Schutz gewähren können, der ihnen nach dem HSchG zusteht. Auf diese Weise können Unternehmen das Vertrauen in den internen Meldekanal und das Funktionieren des Compliance Management Systems stärken. Eine freiwillige Erweiterung des Anwendungsbereichs des internen Meldekanals setzt eine Datenschutzfolgenabschätzung sowie eine Betriebsvereinbarung (bzw in Betrieben ohne Betriebsrat allenfalls die Zustimmung der Arbeitnehmer) voraus.

Fristen und Umsetzung

Die Umsetzung des HSchG erfolgt stufenweise. Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Sektors mit 250 oder mehr Beschäftigten waren verpflichtet, bis spätestens 25. August 2023 ein internes Hinweisgebersystem einzurichten. Für Unternehmen mit 50 oder mehr Beschäftigten tritt die gesetzliche Pflicht zur Einrichtung eines Meldekanals am 17. Dezember 2023 in Kraft.

Unterstützung durch einen Ombudsmann oder Vertrauensanwalt

Die erfolgreiche Implementierung eines effektiven internen Meldekanals erfordert praktische Erfahrung und rechtliche Kenntnisse. Viele Unternehmen lassen sich daher bei der Implementierung des internen Meldekanals von erfahrenen Experten – zum Beispiel spezialisierten Anwaltskanzleien – unterstützen. Spezialisten können bei der Einrichtung interner Meldekanäle helfen und ein für das jeweilige Unternehmen passendes Paket schnüren, so dass das Unternehmen auch einen Mehrwert aus der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen ziehen kann. Rechtsanwälte können nicht nur bei der rechtlichen Ausgestaltung und der Auswahl der geeigneten Meldeplattform unterstützen, sondern auch sicherstellen, dass der Meldemechanismus den Schutz der Identität des Hinweisgebers und die Vertraulichkeit sowie datenschutzrechtliche Verpflichtungen gewährleistet. Darüber hinaus unterliegen Anwälte einer strengen beruflichen Verschwiegenheitspflicht und können auch bei der rechtlichen Prüfung der eingegangenen Hinweise und bei internen Untersuchungen unterstützen.

Dr. Elias Schönborn
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FAZIT

Das österreichische Hinweisgeberschutzgesetz stellt einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Rechte von Whistleblowern und zur Förderung von Compliance dar. Unternehmen sollten erwägen, über die gesetzlichen Anforderungen hinaus ihre internen Meldekanäle breiter zu gestalten, um das Vertrauen der Mitarbeiter in den internen Meldekanal zu gewinnen und das Bewusstsein für rechtmäßiges Verhalten zu fördern. Auf diese Weise kann auch das Risiko verringert werden, dass sich Hinweisgeber mit ihren Hinweisen direkt an externe Stellen – wie zB Strafverfolgungsbehörden – wenden.

Sollten Sie Fragen zu diesen Themen haben oder Unterstützung durch einen erfahrenen Experten benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
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