Bestechlichkeit (§ 304 StGB): Tatbestandsmerkmale
Ein Amtsträger oder Schiedsrichter, der für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, macht sich nach § 304 StGB wegen Bestechlichkeit strafbar. Ebenso begeht den Tatbestand der Bestechlichkeit, wer als von einem Gericht oder einer anderen Behörde für ein bestimmtes Verfahren bestellter Sachverständiger für die Erstattung eines unrichtigen Befundes oder Gutachtens einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, annimmt oder sich versprechen lässt.
Seit dem Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2023 (KorrStrÄG 2023) erstreckt sich die Strafbarkeit außerdem auf Kandidaten für Ämter, die bereits im Vorfeld, noch vor der Erlangung der konkreten Amtsträgerstellung, Vorteile für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung von Amtsgeschäften fordern, annehmen oder sich versprechen lassen. Entscheidend ist dabei, dass die Strafbarkeit des Vorteilsfordernden davon abhängt, ob er letztendlich die Amtsträgerstellung erlangt.
Amtsträger
Bestechlichkeit (§ 304 StGB) kann als Sonderdelikt nur von Amtsträgern begangen werden. Wesentlich ist daher der Begriff des Amtsträgers, und welche Personen darunter zu subsumieren sind.
Unter Amtsträger sind nach § 74 Abs 1 Z 4a lit b StGB Personen zu verstehen, die für eine Gebietskörperschaft (Bund, Länder, Gemeinden), für eine andere Person des öffentlichen Rechts (ausgenommen Kirchen und Religionsgemeinschaften), für einen anderen Staat oder für eine internationale Organisation als Organ oder Bedienstete Aufgaben der Gesetzgebung, der Verwaltung oder der Justiz wahrnehmen.
Amtsträger kann daher nur sein, wer einen der genannten Rechtsträger aufgrund organschaftlicher Vertretungsmacht nach außen vertritt oder wer dort als Dienstnehmer gegen Entgelt beschäftigt und in die Organisationsstruktur eingegliedert ist.
Amtsträger sind auch Personen, die als Organ oder Bedienstete eines Unternehmens tätig sind, an dem eine oder mehrere in- oder ausländische Gebietskörperschaft(en) unmittelbar oder mittelbar mit mindestens 50% des Kapitals beteiligt sind. § 74 Abs 1 Z 4a lit b StGB erfasst auch die von der öffentlichen Hand betriebenen oder tatsächlich beherrschten sowie die vom Rechnungshof oder gleichartigen Einrichtungen kontrollierten Unternehmen.
Amtsgeschäft und Pflichtwidrigkeit
Amtsgeschäfte von Amtsträgern sind alle Rechtshandlungen und faktischen Tätigkeiten, die der unmittelbaren Erfüllung der Vollziehungsaufgaben eines Rechtsträgers dienen, somit zum eigentlichen Gegenstand des jeweiligen Amtsbetriebes gehören und für die Erreichung der amtsspezifischen Vollziehungsziele sachbezogen relevant sind. Im Gegensatz zum Amtsmissbrauch nach § 302 StGB bezieht sich der Begriff des „Amtsgeschäfts“ nach §§ 304–307a StGB sowohl auf die Hoheitsverwaltung als auch auf die Privatwirtschaftsverwaltung.
Als weiteres Tatbestandsmerkmal sieht § 304 StGB die Pflichtwidrigkeit des Amtsgeschäfts vor, die sich aus der Verletzung konkreter Rechtsvorschriften, Dienstanweisungen oder sonstiger verbindlicher Vorgaben ergibt. Darüber hinaus stellt bereits jede Form der Parteilichkeit bei Vornahme des Amtsgeschäftes eine Pflichtwidrigkeit dar.
„Vorteil“ im korruptionsstrafrechtlichen Sinn
Ein weiteres wesentliches Element der Bestechlichkeit ist die Konnexität von Vorteil und Amtsgeschäft.
Vorteile im Sinne der Korruptionstatbestände sind sowohl materielle als auch immaterielle Leistungen, die geeignet sind, eine Verbesserung der wirtschaftlichen, rechtlichen, gesellschaftlichen oder beruflichen Stellung herbeizuführen. Dabei ist es für die Strafbarkeit unbeachtlich, ob dem Amtsträger selbst oder einem Dritten (etwa einem Familienangehörigen oder einer juristischen Person) der Vorteil gewährt wird.
Materielle Vorteile sind dabei alle Vorteile, die das Vermögen objektiv messbar vermehren, wie beispielsweise Geld, kostenlose oder besonders günstig erbrachte Dienstleistungen, bezahlte Reisen oder Eintrittskarten für sportliche oder kulturelle Veranstaltungen.
Immaterielle Vorteile sind zB gesellschaftliche oder berufliche Besserstellungen, wie die Förderung einer Karriere oder die Unterstützung eines Bewerbungsgesuchs.
Tathandlung und Vorsatz
Die Tathandlungen bestehen im Fordern, Annehmen oder Sich-Versprechen-Lassen eines Vorteils für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts.
Wesentlich ist, dass es sich bei der Bestechlichkeit um ein Vorsatzdelikt handelt, das zumindest bedingten Vorsatz des Täters nach § 5 Abs 1 StGB voraussetzt und sich auf alle Tatbestandsmerkmale bezieht, d.h. auf die Amtsträgereigenschaft, die Tathandlung, den Vorteil und den sachlichen Zusammenhang zwischen Pflichtwidrigkeit des Amtsgeschäfts und Vorteil.
Bestechung (§ 307 StGB): Tatbestandsmerkmale
Wer einem Amtsträger oder einem Schiedsrichter für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, macht sich nach dem Delikt der Bestechung gemäß § 307 StGB strafbar.
Ebenso macht sich strafbar, wer einem Sachverständigen für die Erstattung eines unrichtigen Befundes oder Gutachtens einen Vorteil für ihn oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt (§ 307 Abs 1 StGB).
Darüber hinaus macht sich seit dem KorrStrÄG 2023 nach § 307 Abs 1a StGB ebenso strafbar, wer einem Kandidaten für ein Amt für den Fall, dass dieser Amtsträger würde, für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts in dieser Eigenschaft einen Vorteil für ihn oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt. Der Täter, der einen Vorteil anbietet oder verspricht ist nur dann zu bestrafen, wenn der Kandidat für ein Amt die Stellung als Amtsträger letztendlich tatsächlich erlangt hat.
Die Tathandlung der Bestechung besteht im Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils. Im Gegensatz zur Bestechlichkeit nach § 304 StGB handelt es sich bei der Bestechung nach § 307 StGB also um die aktive „Geberseite“ des Bestechenden.
Der Straftatbestand des § 307 StGB kann von jedermann begangen werden und muss sich an einen Amtsträger richten, dem der Täter den Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.
Drohende Strafen bei Korruptionsvorwürfen wegen Bestechlichkeit und Bestechung
Die Strafdrohung richtet sich sowohl bei der Bestechlichkeit als auch bei der Bestechung nach dem Wert des Vorteils. Grundsätzlich ist sowohl der Tatbestand der Bestechlichkeit nach § 304 Abs 1 StGB als auch das Delikt der Bestechung gemäß § 307 Abs 1 StGB mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren zu bestrafen.
Übersteigt der Wert des Vorteils jedoch EUR 3.000, beträgt der Strafrahmen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Wenn der Vorteil den Wert von EUR 50.000 übersteigt, können Freiheitsstrafen von einem bis zu zehn Jahren verhängt werden. Übersteigt der Wert des Vorteils EUR 300.000, ist der Täter mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen.
Beispiele für Korruptionsdelikte
Bestechlichkeit (§ 304 StGB)
- Wer sich als Abgeordneter einer gesetzgebenden Körperschaft, zB des Nationalrats, einen Vorteil (etwa das Verlangen eines „Lobbyisten-Honorars“ oder unentgeltliche Umbauarbeiten des privaten Hauses) für sich selbst oder einen Dritten dafür versprechen lässt, dass er die Gesetzgebung beeinflusst oder zu beeinflussen versucht, begeht § 304 StGB (OGH 17 Os 20/13i).
- Der von einem Gericht oder einer Behörde für ein bestimmtes Verfahren bestellter Sachverständiger ist wegen Bestechlichkeit zu bestrafen, wenn er für die Erstattung eines unrichtigen Befundes oder Gutachtens einen Vorteil fordert, annimmt, oder sich versprechen lässt.
Bestechung (§ 307 StGB)
- Wer einem Mitarbeiter eines von der öffentlichen Hand beherrschten Unternehmens einen Vorteil dafür anbietet, um einen bestimmten Auftrag zu erhalten und den Mitarbeiter zu veranlassen, im Sinne des Bestechenden zu entscheiden, begeht bei entsprechendem Vorsatz § 307 StGB.
- Ein Tischler, der einem Bürgermeister unentgeltliche Leistungen an seinem Privathaus dafür zusagt, dass er die öffentliche Ausschreibung der Inneneinrichtung des Gemeindeamtes unterlässt und ihm den Auftrag direkt erteilt, macht sich nach § 307 StGB strafbar.
Antikorruption: Die Rolle von Compliance-Maßnahmen
Compliance-Maßnahmen sind auch im öffentlichen Sektor und damit für verschiedene Organisationen von entscheidender Bedeutung, um Korruptionsdelikte wie Bestechlichkeit und Bestechung bereits proaktiv zu bekämpfen. Durch eine umfassende Compliance-Strategie können Organisationen aktiv gegen Korruption vorgehen und eine Kultur der Integrität und Transparenz etablieren.
Um Korruptionsdelikten vorzubeugen, ist es notwendig, potenzielle Risikobereiche innerhalb einer Organisation zu identifizieren. Häufig fehlen geregelte Kontrollstrukturen zur Vermeidung von Interessenkonflikten, die Fehlverhalten bereits präventiv verhindern können.
Darüber hinaus ist es wichtig, die bestehenden Richtlinien und Verhaltenskodizes zu kennen und diesen Vorgaben in weiterer Folge auch zu entsprechen. Die Schulung von Mitarbeitern in staatsnahen Unternehmen einerseits und von Amtsträgern in Behörden und öffentlichen Einrichtungen andererseits ist daher unerlässlich, um auf mögliche Risiken aufmerksam zu machen und Korruptionsrisiken eindämmen zu können.
Zudem sollten interne Kontrollmechanismen wie regelmäßige Audits sowie ein Hinweisgebersystem etabliert werden, um Verdachtsfälle im Zuge von internen Untersuchungen aufdecken zu können.
Strafverteidigung bei Korruptionsvorwürfen: Die Bedeutung eines spezialisierten Rechtsanwalts
Bei Vorwürfen wegen Bestechlichkeit oder Bestechung ist es ratsam, ehestmöglich einen auf Korruptionsstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt beizuziehen. Ein Rechtsanwalt prüft Ihren individuellen Sachverhalt, analysiert die rechtlichen Möglichkeiten und erarbeitet auf dieser Basis eine geeignete Verteidigungsstrategie.
Ein Rechtsanwalt vertritt als Strafverteidiger die Interessen und Rechte des Beschuldigten gegenüber den Strafverfolgungsbehörden, kümmert sich um die Einhaltung entsprechender Fristen und kann einen wesentlichen Beitrag zu einem günstigen Verfahrensausgang leisten.