Der rechtlichen Rahmen einer Hausdurchsuchung
Hausdurchsuchungen werden in der Regel ohne Vorankündigung durchgeführt, um vom Überraschungseffekt zu profitieren und mögliche Beweismittel zu sichern, bevor sie versteckt oder vernichtet werden können. In Österreich sind die rechtlichen Grundlagen für Hausdurchsuchungen in den §§ 119 ff StPO geregelt. Eine Hausdurchsuchung darf nur dann durchgeführt werden, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass sich an dem zu durchsuchenden Ort Beweismittel, verdächtige Personen oder Spuren befinden, die für das Ermittlungsverfahren von Bedeutung sind.
Für die Durchführung einer Hausdurchsuchung bedarf es einer gerichtlich bewilligten Anordnung der Staatsanwaltschaft, es sei denn, es liegt Gefahr im Verzug vor. Zudem muss die Maßnahme verhältnismäßig sein. Es dürfen insbesondere keine gelinderen Mittel zur Verfügung stehen, die den gleichen Erfolg versprechen.
Verhalten während einer Hausdurchsuchung
- Ruhe bewahren: Betroffene sollten ruhig bleiben und höflich mit den Beamten umgehen. Aufregung und Panik können die Situation verschlimmern.
- Separierung der Beamten: Bei Unternehmen – etwa bei Vorwürfen im Rahmen des Wirtschaftsstrafrechts oder des Unternehmensstrafrechts – sollten die Beamten zunächst in einen separaten Raum (zB ein Besprechungszimmer) geführt werden, um den normalen Arbeitsablauf nicht zu stören und kein unnötiges Aufsehen zu erregen.
- Rechtsanwalt hinzuziehen: Wenn möglich, sollte sofort telefonisch ein auf Strafverteidigung spezialisierter Rechtsanwalt verständigt werden, der die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen überprüft und die Betroffenen während der Hausdurchsuchung unterstützen kann. Die Beamten sollten ersucht werden, bis zum Eintreffen des Rechtsanwalts mit der Durchsuchung zu warten, worauf jedoch kein Rechtsanspruch besteht.
- Koordination der Mitarbeiter: Die Geschäftsführung sowie der Compliance-Beauftragte sollten von der Durchsuchung schnellstmöglich in Kenntnis gesetzt werden. Ebenfalls sollte der IT-Verantwortliche informiert werden, um technische Unterstützung zu leisten und sicherzustellen, dass keine unnötigen Daten erfasst werden.
- Durchsuchungsanordnung prüfen: Die Beamten sind verpflichtet, auf Verlangen die (gerichtlich bewilligte) Anordnung der Durchsuchung vorzuzeigen bzw herauszugeben. Diese sollte sorgfältig geprüft werden, um sicherzustellen, dass sie alle formalen Anforderungen erfüllt. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, Fotokopien von der Anordnung anzufertigen und diese umgehend dem beigezogenen Rechtsanwalt (nach Möglichkeit bereits vor dessen Eintreffen elektronisch) zukommen zu lassen, damit dieser so schnell wie möglich eine erste juristische Prüfung vornehmen kann.
- Keine Selbstbelastung: Beschuldigte sind nicht verpflichtet, proaktiv an der Durchsuchung mitzuwirken oder sich selbst zu belasten; sie dürfen die Hausdurchsuchung aber auch nicht behindern. Ob Passwörter und ähnliche Informationen herausgegeben werden (müssen), richtet sich grundsätzlich nach der Stellung des Betroffenen und sollte vorab mit einem Rechtsanwalt abgeklärt werden.
- Dokumentation der Maßnahmen: Alle Schritte der Beamten sollten protokolliert werden, einschließlich der Namen der Beamten, der sichergestellten Gegenstände und der durchgeführten Maßnahmen.
- Begrenzung der Nachschau: Die Beamten sollten darauf hingewiesen werden, dass sie nur die in der Anordnung genannten Bereiche durchsuchen dürfen. Durchsuchungen an Orten, die nicht von der Anordnung der Durchsuchung erfasst sind, sind nicht zuzulassen. Darauf sollte im Bedarfsfall hingewiesen werden.
- Besonderer Schutz von Anwalt-Mandanten-Korrespondenz: Die Korrespondenz zwischen Rechtsanwalt und Mandant ist geschützt und darf nicht sichergestellt werden. Besteht die Gefahr, dass hiergegen verstoßen wird, sollte möglichst frühzeitig darauf hingewiesen werden. Insoweit besteht ein Widerspruchsrecht (§ 112 StPO) gegen die Sicherstellung.
Vorbereitung auf eine Hausdurchsuchung
Eine Hausdurchsuchung kann nicht nur für Einzelpersonen, sondern auch für Unternehmen, Vereine und andere Organisationen erhebliche Auswirkungen haben. Die Vorbereitung und das richtige Verhalten während einer Hausdurchsuchung können dazu beitragen, negative Folgen zu minimieren:
- Compliance-Maßnahmen zur Verhinderung strafbarer Handlungen können dazu beitragen, eine unangenehme Hausdurchsuchung von Vornherein zu verhindern. Allerdings können auch von den Vorwürfen nicht betroffene Unternehmen von einer Hausdurchsuchung betroffen sein, sodass es in jedem Fall empfehlenswert, sich für den Fall der Fälle zu wappnen.
- Schriftliche Handlungsanweisungen für den Fall einer Hausdurchsuchung sollten erstellt und allen relevanten Personen zugänglich gemacht werden. Diese Anweisungen sollten klare Richtlinien enthalten, wie sich Mitarbeiter verhalten sollen, wen sie im Falle einer Hausdurchsuchung kontaktieren müssen und welche Rechte sie haben.
- Kontaktnummer eines Rechtsanwaltes: Ein Rechtsanwalt sollte jederzeit erreichbar sein, um im Falle einer Hausdurchsuchung schnell einschreiten zu können.
- Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiter: Es ist wichtig, dass die Belegschaft über ihre Rechte und Pflichten im Falle einer Hausdurchsuchung informiert ist. Regelmäßige Mitarbeiterschulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen können dazu beitragen, dass Mitarbeiter im Ernstfall richtig reagieren und keine Fehler machen, die negative rechtliche Konsequenzen haben könnten.
Nach der Hausdurchsuchung
- Protokoll anfordern: Die Beamten müssen ein Sicherstellungsprotokoll der Hausdurchsuchung erstellen und den Betroffenen eine Kopie aushändigen. Dieses Dokument ist für eventuelle spätere rechtliche Schritte bedeutsam. Es ist darauf zu achten, dass das Protokoll vollständig und richtig ist.
- Rechtsmittel prüfen: Sollte die Durchsuchung aus Sicht der Betroffenen unrechtmäßig gewesen sein, kann gegen die staatsanwaltschaftliche Anordnung ein Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß § 106 StPO sowie gegen die gerichtliche Bewilligung eine Beschwerde gemäß § 87 StPO erhoben werden. Beide Rechtsmittel können miteinander verbunden werden. Auch eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG ist möglich.
- Weiteres Vorgehen planen: In vielen Fällen folgen auf eine erste Durchsuchung weitere Ermittlungsmaßnahmen. Es ist daher wichtig, sich darauf einzustellen und gegebenenfalls weitere Vorkehrungen zu treffen.