Vorteilsannahme zur Beeinfluss (§ 306 StGB)
Nach § 306 StGB macht sich ein Amtsträger oder Schiedsrichter strafbar, der – außer in den Fällen der §§ 304 und 305 StGB – mit dem Vorsatz, sich dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger oder Schiedsrichter beeinflussen zu lassen, für sich oder einen Dritten einen Vorteil fordert oder einen ungebührlichen Vorteil annimmt oder sich versprechen lässt.
Als Sonderdelikt kann das Delikt der Vorteilsannahme zur Beeinflussung nach § 306 StGB also nur durch Amtsträger oder Schiedsrichter begangen werden und stellt demnach ein Sonderdelikt des Korruptionsstrafrechts dar.
Darüber hinaus muss der Täter mit dem Vorsatz handeln, sich in seiner Tätigkeit als Amtsträger (§ 74 Abs 1 Z4 StGB) oder Schiedsrichter (§ 74 Abs 1 Z 4a StGB) durch das Fordern eines Vorteils oder durch die Annahme oder das Sich-Versprechen-Lassen eines ungebührlichen Vorteils beeinflussen zu lassen. Der Täter muss es also ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, dass er im Rahmen seines Zuständigkeitsbereichs in jeglicher Form für denjenigen, von dem er den Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, in Ausführung seiner Aufgaben tätig werden könnte.
Es ist außerdem nicht entscheidend, ob der Vorsatz an ein pflichtwidriges oder pflichtgemäßes Verhalten geknüpft ist. Für die Strafbarkeit reicht es bereits aus, dass der Vorteil auf eine wohlwollende, künftige Behandlung, sei es inhaltlicher oder prozeduraler Natur (zB schnelleres Erledigen eines Auftrages oder rascheres Treffen einer Entscheidung) abzielt. Entscheidend ist auch die Art des Vorteils. Wer nur einen geringfügigen Vorteil annimmt oder sich versprechen lässt, ist nicht zu bestrafen, außer die Tat wurde gewerbsmäßig (§ 70 StGB) begangen. Ein geringfügiger Vorteil ist ein Vorteil, der einen Wert von weniger als EUR 100 hat.
Vorteilszuwendung zur Beeinflussung (§ 307b StGB)
Den Straftatbestand der Vorteilszuwendung zur Beeinflussung begeht, wer – außer in den Fällen der §§ 307 und 307a StGB – einem Amtsträger oder Schiedsrichter einen ungebührlichen Vorteil für ihn oder einen Dritten mit dem Vorsatz anbietet, verspricht oder gewährt, ihn dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger oder Schiedsrichter zu beeinflussen.
§ 307b StGB stellt also durch die aktive Vorteilszuwendung zur Beeinflussung der künftigen Amtstätigkeit das aktive Korruptionsdelikt und somit das Pendant zu § 306 StGB dar. Ein Unterschied besteht daher lediglich im Täterkreis und der Tathandlung. Während die Vorteilsannahme zur Beeinflussung einen Amtsträger oder Schiedsrichter als Täter voraussetzt, kann der Täter bei der Vorteilszuwendung zur Beeinflussung jedermann sein, der im dargestellten Sinn einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.
Drohende Strafen
Die Grundstrafdrohung der beiden Delikte beträgt nach §§ 306 Abs 1 und 307b Abs 1 StGB Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren. Beide Delikte sehen zudem Wertqualifikationen vor, die vorliegen, wenn der Wert des Vorteils EUR 3.000 bzw EUR 50.000 übersteigt. Nach §§ 306 Abs 2 bzw 307b Abs 2 StGB ist, wer die Tat in Bezug auf einen EUR 3.000 übersteigenden Wert des Vorteils begeht, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen. Wer jedoch die Tat in Bezug auf einen EUR 50.000 übersteigenden Wert des Vorteils begeht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
Von Geschenken und Gefälligkeiten: Die Grenzen der Vorteilsannahme und -Zuwendung
Die folgenden Beispiele zeigen, wie schwierig die klare Abgrenzung zwischen strafbaren Vorteilsannahmen und Vorteilszuwendungen zur Beeinflussung und legalen Formen des Sponsorings sein kann:
- Die Entgegennahme von Warenspenden ist ohne Weiteres für sich genommen noch nicht nach § 306 StGB relevant. Wenn der Amtsträger eine Warenspende ohne weiteren Vorsatz, sich dadurch beeinflussen zu lassen, entgegennimmt, ist dieses Verhalten grundsätzlich nicht nach den Korruptionsstraftatbeständen des StGB strafbar. Zu prüfen ist in einem weiteren Schritt aber eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 153, 153a StGB und die (disziplinar-)rechtliche Zulässigkeit dieses Verhaltens.
- Wird einem Amtsträger eine teure Uhr oder eine Urlaubsreise in der Absicht geschenkt, den Beschenkten für künftige Genehmigungsanträge positiv zu stimmen, liegt eine strafbare Vorteilszuwendung zur Beeinflussung nach § 307b StGB vor.
Compliance-Maßnahmen zur Vorbeugung von Korruptionsdelikten
Um möglichen Fällen von Korruption vorzubeugen, ist die Implementierung von Compliance-Maßnahmen dringend anzuraten. Ein Compliance-Management-System, das auf die spezifischen Risikofaktoren der Organisation abstellt und in diesem Sinne das Risiko möglicher Korruptionsdelikte gezielt reduziert, ist daher unerlässlich.
Durch die Integration von Verhaltenskodizes, die Mitarbeiter und Führungskräfte für mögliche Verstöße und bedenkliche Vorteilsgewährungen und Vorteilsannahmen sensibilisieren, wird eine Grundlage geschaffen, die bereits proaktiv zur Eindämmung von Korruptionsdelikten beiträgt. Solche Kodizes sollten grundsätzlich allgemeine Regelungen zum Umgang mit Amtsträgern, Richtlinien zu Spenden und Sponsoring oder Regelungen zu verbindlichen Meldepflichten an die Compliance-Organe enthalten. Darüber hinaus ist bei ausgefallenen Vorteilen die Einführung eines Vier-Augen-Prinzips, also eine unabhängige Gegenkontrolle möglicher Vorteilsannahmen bzw. Vorteilszuwendungen anzudenken, um das Risiko von Verstößen weiter zu minimieren. Eine weitere wichtige und grundlegende Säule eines effizienten Compliance-Maßnahmenprogramms sind Schulungen in Form von Vorträgen & Workshops, in denen Mitarbeiter auf konkrete Situationen vorbereitet werden und lernen, wie sie sich in diesen zu verhalten haben. Experten auf dem Gebiet des Korruptionsstrafrechts geben hierbei nützliche Tipps, stellen Aspekte unter einem anderen Blickwinkel dar, und helfen dadurch Mitarbeitern dabei, interne Compliance-Richtlinien besser zu verstehen.
Die Wahl eines auf das Korruptionsstrafrecht spezialisierten Strafverteidigers kann für den weiteren Verlauf des Verfahrens von erheblicher Bedeutung sein.
Korruptionsverfahren können langwierig und kompliziert sein. Ein Strafverteidiger weiß, wie man effektiv durch ein Strafverfahren navigiert, welche Anträge gestellt werden müssen, und welche Fristen gewahrt werden müssen, um für seinen Mandanten den bestmöglichen Verfahrensausgang zu erreichen.
Im Falle eines Vorwurfs, der Vorteilsannahme bzw. der Vorteilszuwendung zur Beeinflussung ist es dringend anzuraten einen Strafverteidiger zu konsultieren, der sich um eine effektive Verteidigung der Interessen des Beschuldigten bemüht. Da beispielsweise der Straftatbestand des § 307b StGB keinen konkreten Bezug zu einem Amtsgeschäft voraussetzt, spielt der erweiterte Vorsatz auf Beeinflussung der künftigen Amtstätigkeit eine wesentliche Rolle. Dabei handelt es sich aber naturgemäß um einen „inneren Vorgang“, der in der Praxis nur sehr schwer nachzuweisen ist. Ein erfahrener Strafverteidiger entwickelt eine Strategie, um entlastende Beweismittel bestmöglich in das Verfahren einbringen zu können und die Wahrung der Rechte seines Mandanten zu gewährleisten.