Urkundenfälschung (§ 223 StGB)
Wer eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz herstellt oder eine echte Urkunde mit dem Vorsatz verfälscht, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde, macht sich wegen Urkundenfälschung strafbar.
Ebenso ist zu bestrafen, wer eine falsche oder verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht.
Urkunde als Tatobjekt
Tatobjekt der Urkundenfälschung ist eine Urkunde. Eine Urkunde ist eine „Schrift“, die errichtet wurde, um ein Recht oder ein Rechtsverhältnis zu begründen, abzuändern oder aufzuheben oder eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen.
Folgende Merkmale zeichnen eine „Urkunde“ im strafrechtlichen Sinn aus:
- Schriftliche Gedankenerklärung: Die Urkunde selbst muss einen geistigen Inhalt enthalten, der in der notwendigen Schriftform festgehalten wurde.
- Rechtserheblichkeit: Die Urkunde muss errichtet worden sein, um ein Recht oder ein Rechtsverhältnis zu begründen, abzuändern oder aufzuheben oder eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen.
- Erkennbarkeit des Ausstellers: Die Urkunde muss auf einen Urheber zurückzuführen sein. Dies kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person sein.
Beispiele für Urkunden
Wichtige Urkunden im Wirtschaftsleben sind beispielsweise amtliche Anträge, Berichte oder sonstige Aktenstücke, Kontoauszüge, Kreditkartenbelege, Lieferscheine, Bestellscheine, Verträge, Überweisungsaufträge, Rechnungen, Gehaltsbestätigungen, Arbeitsbestätigungen, Kündigungs- und Mahnschreiben, Geschäftskorrespondenzen, ausgefüllte Formblätter, Kassenbons, Postaufgabescheine usw.
Tathandlungen
Die Tathandlung der Urkundenfälschung besteht im Fälschen einer Urkunde oder im Verfälschen einer bereits bestehenden Urkunde.
Unter Fälschen versteht man das Herstellen oder Erzeugen einer falschen Urkunde, die in Wahrheit nicht vom Aussteller stammt, von dem sie zu stammen scheint. Der Täter täuscht über die Person des Ausstellers der Urkunde. Schon die Verwendung eines fremden Briefkopfes kann daher eine Urkundenfälschung begründen.
Beim Verfälschen hingegen verändert der Täter unbefugt den gedanklichen Inhalt einer bereits bestehenden echten Urkunde, die eine andere Person ausgestellt hat. Der Täter muss also den Anschein erwecken, dass der geänderte Inhalt vom Aussteller stammt.
Zudem muss der Täter, neben dem allgemein erforderlichen Eventualvorsatz auch den erweiterten Vorsatz haben, dass die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde. Wer nicht im Rechtsverkehr, sondern nur im Bereich zwischenmenschlicher oder gesellschaftlicher Beziehungen täuschen will, handelt nicht mit dem deliktspezifischen erweiterten Vorsatz und macht sich daher nicht wegen Urkundenfälschung strafbar.
Neben dem Fälschen und Verfälschen ist gemäß § 223 Abs 2 StGB auch der entsprechende Gebrauch einer falschen bzw verfälschten Urkunde strafbar. Ein derartiger Gebrauch besteht darin, dass der Täter die Urkunde zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder eine Tatsache zugänglich macht.
Beispiel für Urkundenfälschung
- Der Geschäftsführer einer GmbH fälscht eine Zahlungsbestätigung, um sie im Rechtsverkehr gegenüber einem Lieferanten vorlegen zu können.
- Ein möglicher Kreditnehmer verfälscht das Nettogehalt auf dem Lohnzettel, um seine Verhandlungsposition bei der Beantragung eines Kredits bei einer Bank zu verbessern.
Von der falschen Urkunde ist die Lugurkunde zu unterscheiden. Eine solche liegt dann vor, wenn eine inhaltlich unrichtige Erklärung vom richtigen Aussteller stammt. Eine Lugurkunde erfüllt zwar nicht den Tatbestand der Urkundenfälschung, kann bei entsprechender Verwendung unter Umständen aber den Straftatbestand der Beweismittelfälschung (§ 293 StGB) erfüllen.
Fälschung besonders geschützter Urkunden (§ 224 StGB)
Die Fälschung besonders geschützter Urkunden stellt eine Sonderform der Urkundenfälschung dar. Nach § 224 StGB macht sich strafbar, wer eine der in § 223 StGB mit Strafe bedrohten Handlungen in Beziehung auf eine inländische öffentliche Urkunde, eine ausländische Urkunde, welche durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, eine letztwillige Verfügung oder ein nicht in § 237 StGB genanntes Wertpapier, begeht.
Inländische öffentliche Urkunden sind solche Urkunden, die ein österreichischer Beamter innerhalb seiner Amtsbefugnisse oder eine Person des öffentlichen Glaubens innerhalb der ihr gesetzlich verliehenen Befugnis in der vorgeschriebenen Form errichtet hat und auf deren Echtheit die Allgemeinheit daher besonders vertrauen darf. Dazu zählen etwa Führerscheine, amtliche Ausweise wie Reisepässe, polizeiliche oder gerichtliche Vernehmungsprotokolle, Urteile österreichischer Gerichte oder Bescheide österreichischer Behörden.
Voraussetzung für die Qualifikation als inländische öffentliche Urkunde ist, dass sie im Rahmen der Hoheitsverwaltung in der entsprechenden Form errichtet worden ist. Damit sind bloße Aufzeichnungen und Vermerke, die bloß behördeninternen Zwecken dienen, keine „inländischen öffentlichen Urkunden“.
Bereits die Vorbereitung der Fälschung öffentlicher Urkunden ist nach § 227 StGB strafbar.
Beispiele
- Der Täter fälscht einen Bescheid einer österreichischen Behörde, um ihn im Rahmen einer Due-Diligence Prüfung bei einem Unternehmensverkauf vorlegen zu können.
- Der Täter weist bei einer Polizeikontrolle einen gefälschten Führerschein vor.
Datenfälschung (§ 225a StGB)
Die Fälschung elektronischer Dokumente wird nicht vom Straftatbestand der Urkundenfälschung, sondern von jenem der Datenfälschung erfasst.
Datenfälschung begeht, wer durch Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unterdrückung von Daten falsche Daten mit dem Vorsatz herstellt oder echte Daten mit dem Vorsatz verfälscht, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden.
Das Delikt der Datenfälschung schützt die Echtheit und Zuverlässigkeit elektronischer Dokumente, welche die Urkundenfälschung nicht abdeckt. Der Tatbestand betrifft die Fälschung und Verfälschung von Computerdaten, die mangels (gedruckter) Schriftlichkeit keine Urkunden sind.
Tatobjekt sind daher falsche Daten iSd § 74 Abs 2 StGB, also personenbezogene und nicht personenbezogenen Daten und Programme. Diese Daten müssen für den Rechtsverkehr bestimmt sein und ihren Aussteller erkennen lassen.
Als Tathandlung kommen die Eingabe, Veränderung, Löschung oder Unterdrückung von Daten in Frage.
Zur Erfüllung des Straftatbestandes der Datenfälschung muss der Täter zudem – neben dem allgemein erforderlichen Eventualvorsatz – mit erweitertem Vorsatze handeln, dass die elektronische Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde.
Beispiele
- Der Täter ändert Dateien des Finanzamtes betreffend Steuerdaten oder den Absendezeitpunkt einer E-Mail im Header der E-Mail-Sendung, um sie als Nachweis eines rechtzeitigen Vertragsrücktritts gegenüber einem Geschäftspartner vorzulegen.
- Wer falsche Daten (§ 225a StGB) zur Täuschung verwendet, zB bei Angaben eines falschen Namens bei Internetbestellungen, kann sich bei Eintritt eines Vermögensschadens wegen schweren Betrugs (§§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB) strafbar machen.
Strafen
Die Strafdrohung der Urkundefälschung nach § 223 StGB sowie die der Datenfälschung nach § 225 a StGB beträgt Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen.
Wer sich hingegen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 224 StGB strafbar macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
Compliance-Maßnahmen zur Eindämmung von Urkundendelikten
Im Unternehmensalltag können vielfältige Maßnahmen ergriffen werden, um das Risiko von Urkundendelikten und Datenfälschungen bereits proaktiv zu reduzieren. Compliance-Maßnahmen erweisen sich dabei als zentraler Schlüssel zu sicheren und ordnungsgemäßen Geschäftsprozessen.
Schulungen und Workshops für Mitarbeiter sind ein zentraler Ansatzpunkt, um Mitarbeiter in der Erkennung von Dokumentenfälschungen zu schulen und diese für Sicherheitsmaßnahmen zu sensibilisieren. Zudem sollte Mitarbeitern klar gemacht werden, dass die Veränderung von Dokumenten oder gar die Herstellung falscher Dokumente strafrechtliche und arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Hier sollte im Sinne des Tone from the Top eine Null-Toleranz-Politik gelebt werden.
Darüber hinaus sollten strenge Kontrollmechanismen und Protokolle in den Geschäftsalltag implementiert werden, um die Verfälschung wichtiger Urkunden zu verhindern.
Strafverteidigung durch einen Rechtsanwalt beim Vorwurf der Urkundenfälschung oder Datenfälschung
Wird Ihnen der Vorwurf einer Urkundenfälschung oder einer Datenfälschung gemacht, sollten Sie rasch einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Ein Rechtsanwalt prüft zunächst den Sachverhalt und analysiert die Beweislage eingehend. Dadurch kann er im Zuge der Strafverteidigung gezielt eine Verteidigungsstrategie entwickeln und mögliche Schwachstellen in den Tatvorwürfen aufdecken. Darüber hinaus unterstützt ein Rechtsanwalt seinen Mandanten bei der Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte, um ein bestmögliches Verfahrensergebnis erzielen zu können.