Veruntreuung (§ 133 StGB): Tipps zur Prävention und Strafverteidigung vom Rechtsanwalt


Der Straftatbestand der Veruntreuung nach § 133 StGB ist ein zentrales Delikt im Wirtschaftsstrafrecht. Der Straftatbestand ist verwirklicht, wenn eine Person sich oder einem anderen anvertraute Vermögenswerte zueignet und sich oder einen anderen dadurch unrechtmäßig bereichert. In der Unternehmenspraxis werden Veruntreuungshandlungen häufig von Mitarbeitern begangen, denen Gelder oder Güter anvertraut sind. Sie können erhebliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Neben Strafbarkeitsrisiken und finanziellen Schäden kann bei Vorwürfen wegen Veruntreuung auch der gute Ruf darunter leiden. Unternehmen sind daher gefordert, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um Veruntreuungen im Unternehmen zu verhindern und im Bedarfsfall effizient aufzuklären. Der vorliegende Beitrag beleuchtet die strafrechtlichen Implikationen der Veruntreuung und zeigt praxisnahe Ansätze zur Minimierung der damit verbundenen Risiken in Unternehmen auf. Zudem wird skizziert, wie ein Rechtsanwalt bei der Strafverteidigung beim Vorwurf der Veruntreuung unterstützen kann.

Der Straftatbestand der Veruntreuung (§ 133 StGB)

Den Tatbestand der Veruntreuung erfüllt, wer ein Gut, das ihm anvertraut worden ist, sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zueignet, sich oder den Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Der Begriff des Guts umfasst dabei sowohl bewegliche Sachen mit Tauschwert als auch unkörperliche Sachen wie Giralgeld und sonstige Forderungen. Bewegliche Sachen mit Tauschwert sind beispielsweise jegliche Güter, die Mitarbeitern in Unternehmen zu dienstlichen Zwecken anvertraut werden. Dabei kann es sich etwa um den anvertrauten Firmenwagen handeln, aber zB auch um dienstliche Laptops oder Smartphones, diverse Werkzeuge und Maschinen oder anvertraute Waren.

Weiteres Tatbestandsmerkmal des § 133 StGB ist es, dass der Täter die alleinige Verfügungsmacht über das anvertraute Gut hat. Dabei ist die Verwendung des Guts jedoch auf bestimmte Pflichten beschränkt.
Die Tathandlung der Veruntreuung besteht in der Zueignung des anvertrauten Gutes für sich oder einen Dritten. Zueignung liegt vor, wenn der Täter wie ein rechtmäßiger Eigentümer agiert, die Sache also beispielsweise behält, verwertet oder wie ein Eigentümer nützt.

Relevante Beispiele der Veruntreuung in der Praxis

Veruntreuung (§ 133 StGB) kann in Unternehmen in vielfältigen Formen auftreten. Die folgenden Beispiele mögen einen Anhaltspunkt dafür geben, wie vielfältig eine Strafbarkeit wegen Veruntreuung sein kann:

  • Kassiere haben üblicherweise Alleingewahrsam am anvertrauten Kassenbestand. Wird Bargeld ohne etwaige Ermächtigung und unbefugt entwendet, kann der Straftatbestand der Veruntreuung verwirklicht sein.
  • Die Zueignung von anvertrauten Kundengeldern mit Bereicherungsvorsatz kann ebenfalls den Straftatbestand der Veruntreuung erfüllen.

Drohende Strafen und mögliche Disqualifikation von Geschäftsführern

Wie bei den meisten Vermögensdelikten richtet sich die konkrete Strafdrohung der Veruntreuung nach dem Schadensbetrag. Die Grundstrafdrohung der Veruntreuung beträgt gemäß § 133 Abs 1 StGB Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen. Übersteigt der Schaden EUR 5.000,-, beträgt der Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Beläuft sich der Schaden auf über EUR 300.000,- beträgt der Strafrahmen ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Neben drohenden gerichtlichen Strafen ist für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder auch unter einem anderen Blickwinkel besondere Vorsicht geboten: Im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe wegen eines Wirtschaftsdelikts wie Veruntreuung darf ein Geschäftsführer oder ein Vorstandsmitglied nicht mehr in dieser Funktion tätig sein (§ 15 Abs 1a GmbHG, § 75 Abs 2a AktG; sogenannte „Disqualifikation“). Zudem können zivilrechtliche Konsequenzen wie Schadenersatzansprüche drohen. Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern ist daher anzuraten, die Grenzen der eigenen Befugnisse genau zu beachten. Sind Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder als Beschuldigte mit strafrechtlichen Vorwürfen wegen Veruntreuung konfrontiert, kann ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren erhebliche negative Folgen nach sich ziehen, sodass grundsätzlich die zeitnahe Beiziehung eines Rechtsanwalts anzuraten ist.

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Dr. Elias Schönborn

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Rechtsanwalt und Strafverteidiger

Compliance-Maßnahmen zur Prävention

Um das Risiko von wirtschaftskriminellen Handlungen wegen Veruntreuung zu minimieren, sind Compliance-Maßnahmen und interne Regelungen von entscheidender Bedeutung. Durch die Implementierung und konsequente Durchsetzung klarer Compliance-Richtlinien können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter die gesetzlichen Vorschriften einhalten und die Compliance-Awareness im Unternehmen steigt. Es sollte klar kommuniziert werden, dass bei anvertrauten Kompetenzen (etwa die Berechtigung, über das Firmenkonto zu verfügen oder Firmengegenstände zu verwenden) klar zwischen den Unternehmensinteressen einerseits und privaten Interessen andererseits zu unterscheiden ist. Für private Interessen oder gar Bereicherungstendenzen auf Kosten des Unternehmens ist im Geschäftsleben grundsätzlich kein Platz.

Darüber hinaus ermöglicht eine Erfassung und Dokumentation aller Vermögensgegenstände, die Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden und damit einer möglichen Unterschlagung durch Mitarbeiter ausgesetzt sind, eine konkrete Risikoabschätzung. Für größere Unternehmen empfiehlt es sich daher, eine Liste zu führen, aus der hervorgeht, welche Betriebsmittel welchem Mitarbeiter zur Verfügung gestellt wurden und wer welche Befugnisse im Umgang mit dem Unternehmensvermögen hat. Darüber hinaus sollte in den Arbeitsverträgen oder in schriftlichen Verhaltensregeln festgelegt werden, dass die private Nutzung von Betriebsmitteln der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf.

Strafverteidigung bei Vorwürfen wegen Veruntreuung

Mitarbeiter und Geschäftsführer sind nicht selten Vorwürfen wegen Veruntreuung ausgesetzt. Wenn Sie Beschuldigter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Veruntreuung sind und beispielsweise bereits eine Ladung zu einer Beschuldigtenvernehmung erhalten haben, sollten Sie sich rasch mit einem Strafverteidiger in Verbindung setzen, um Ihre Rechte effektiv ausüben zu können und einen bestmöglichen Verfahrensausgang erzielen zu können. Bei Vorwürfen wegen Veruntreuung sollten die folgenden beispielsweise die folgenden Aspekte berücksichtigt werden:

  • Ein Rechtsanwalt kann Sie dabei unterstützen, vor einer Vernehmung als Beschuldigter Akteneinsicht zu nehmen. Die Ausübung dieses Rechts ist für die Strafverteidigung unabdingbar und sollte so früh wie möglich und in regelmäßigen Abständen ausgeübt werden, um die Veruntreuungsvorwürfe im Detail zu prüfen.
  • Manche Vorwürfe wegen Veruntreuung werden unpräzise erhoben und nicht jeder strafrechtliche Vorwurf stellt tatsächlich eine strafbare Zueignungshandlung im Sinne des Veruntreuungstatbestandes dar. Beispielsweise ist das bloße vertragswidrige Vorenthalten ohne entsprechende Verwendung keine ausreichende Zueignungshandlung. Das Delikt der Veruntreuung (§ 133 StGB) hat nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes „keineswegs die Aufgabe, Vertragswidrigkeiten als solche zu pönalisieren“. Ein Rechtsanwalt kann Sie dabei unterstützen, die notwendigen Abgrenzungen vorzunehmen und in Ihrem Namen die erforderlichen Argumente in der richtigen Form in das Verfahren einzubringen.
  • Verfügt jemand über einen „präsenten Deckungsfonds“, glaubt er also, ersatzwillig und ersatzfähig zu sein und ersetzt er den Schaden zum frühestmöglichen Zeitpunkt, so ist der erforderliche Bereicherungsvorsatz nicht erfüllt und der Tatbestand der Veruntreuung liegt nicht vor. Auch dieser Aspekt ist im Zuge der Strafverteidigung zu berücksichtigen.

Durch Veruntreuung geschädigt? So setzen Sie Ihre Ansprüche durch

Wenn Ihr Unternehmen durch eine Veruntreuung geschädigt wurde, sollten Sie zunächst eine interne Untersuchung der Vorfälle in Erwägung ziehen, um auf Basis der Ergebnisse die erforderlichen rechtlichen Schritte einleiten zu können. In weiterer Folge besteht die Möglichkeit, den Sachverhalt zur Anzeige zur bringen und sich dem Strafverfahren zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen als Privatbeteiligter anzuschließen. Parallel dazu besteht die Möglichkeit, zivilrechtliche Ansprüche auch im Wege einer Klage vor dem zuständigen Zivilgericht geltend zu machen. Welche Schritte am zielführendsten sind, hängt vom individuellen Sachverhalt ab.

Dr. Elias Schönborn
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Rechtsanwalt und Strafverteidiger

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FAZIT

Die nähere Auseinandersetzung mit dem Straftatbestand der Veruntreuung kann Unternehmen nachhaltig dabei helfen, das Risiko für etwaig zukünftige Verstöße in den eigenen Reihen zu verringern. Fehlt die notwendige strafrechtliche Expertise im Unternehmen, sollte im Bedarfsfall rasch ein spezialisierter Rechtsanwalt beigezogen werden, da Veruntreuungsvorwürfe stets ernst zu nehmen sind und entsprechende Handlungspflichten im Unternehmen auslösen. Für Fragen zu diesen Themen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
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