Allgemeines zur Akteneinsicht
Der Antrag auf Akteneinsicht ist ein zentrales Recht in jedem Strafverfahren. Dadurch wird dem Beschuldigten und seinem Verteidiger ermöglicht, sich ein umfassendes Bild von den gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfen zu machen. Ohne Einsicht in den Strafakt bleibt unklar, auf welche Beweise und Aussagen die Strafverfolgungsbehörden ihre Verdachtsmomente stützen. Die Kenntnis des Strafaktes ist daher unerlässlich, um die Beweislage zu prüfen, eventuelle Lücken in der Beweiskette aufzudecken oder Unzulänglichkeiten der Ermittlungsarbeit der Polizei oder Staatsanwaltschaft zu erkennen.
Das Recht auf Akteneinsicht des Beschuldigten ist ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht (Art 6 Abs 1 iVm Abs 3 lit a und lit b EMRK), welches in den §§ 51-53 StPO einfachgesetzliche Umsetzung findet.
Das Recht auf Akteneinsicht gibt dem Beschuldigten das Recht, in die der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahren und des Hauptverfahrens Einsicht zu nehmen (§ 51 Abs 1 StPO).
Das Recht auf Akteneinsicht umfasst auch die Besichtigung von Beweisgegenständen, soweit dies ohne Beeinträchtigung der Ermittlungen möglich ist.
Beschränkung der Akteneinsicht
Das Recht des Beschuldigten auf Akteneinsicht verpflichtet die Strafverfolgungsbehörden, dem Beschuldigten alle in ihrem Besitz befindlichen Beweismittel offen zu legen, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Die Akteneinsicht darf grundsätzlich nur aus zwei Gründen beschränkt werden. Zum einen dürfen personenbezogene Daten und andere Umstände, die Rückschlüsse auf die Identität oder die höchstpersönlichen Lebensumstände einer gefährdeten Person zulassen, von der Akteneinsicht ausgenommen werden. Zum anderen darf die Akteneinsicht beschränkt werden, wenn durch die Akteneinsicht der Untersuchungszweck der Ermittlungen gefährdet werden würde (§ 51 Abs 2 StPO).
In der Praxis kommt es bisweilen auch vor, dass die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht zwischen (Mit-)Beschuldigten mit der Begründung beschränkt, dass die von der Akteneinsicht ausgenommenen Aktenbestandteile den Beschuldigten nicht betreffen. Eine derartige Vorgehensweise findet aber keine Deckung im Gesetz und kann mittels Einspruches wegen Rechtsverletzung (§ 106 StPO) bekämpft werden.
Ablauf der Akteneinsicht
Einsicht in den jeweiligen Akt kann im Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft und bis zur Erstattung des Abschlussberichtes auch bei der Kriminalpolizei begehrt werden, im Hauptverfahren bei Gericht.
In den letzten Jahren hat sich bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten die Möglichkeit der elektronischen Akteneinsicht durchgesetzt. Damit kann die Akteneinsicht vorwiegend im Wege der elektronischen Datenübertragung gewährt werden, weshalb von überall auf den Akt zugriffen werden kann, ohne dass man eine Behörde persönlich aufsuchen muss.
Die Akteneinsicht kann auch unkompliziert über einen Rechtsanwalt erfolgen, der gleichzeitig die Ergebnisse der Akteneinsicht für den Beschuldigten zusammenfassen und zielführende nächste Schritte im Rahmen der Verteidigungsstrategie erarbeiten kann.
Strafverteidigung durch einen Rechtsanwalt im Strafprozess
Wenn Sie Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren sind, ist es ratsam, einen Strafverteidiger zu beauftragen, der Akteneinsicht beantragt und Sie sodann durch das Verfahren führt.
Die Akteneinsicht ermöglicht es dem Verteidiger, sämtliche Beweise, Zeugenaussagen und Berichte der Kriminalpolizei einzusehen, die Gegenstand des Verfahrens sind. Ohne professionelle Unterstützung von einem Strafverteidiger ist es für Beschuldigte oftmals schwierig, den vollen Umfang der Beweislage zu verstehen und strategisch darauf zu reagieren. Ein erfahrener Strafverteidiger kann nicht nur sicherstellen, dass die Akteneinsicht vollständig und korrekt erfolgt, sondern auch frühzeitig mögliche Widersprüche in den bisherigen Ermittlungsergebnissen erkennen und eine fundierte Verteidigungsstrategie entwickeln.