Diversion im Strafverfahren: Rechtsanwalt erklärt Voraussetzungen

Die Diversion im Strafverfahren bietet eine wertvolle Alternative zur klassischen Verurteilung, indem sie ermöglicht, strafrechtliche Verfahren effizient und ressourcenschonend abzuschließen. Sie erlaubt es dem Beschuldigten, die Verantwortung für die Tat zu übernehmen, ohne dass es zu einer gerichtlichen Verurteilung kommt. Dadurch erfolgt auch keine Eintragung im Strafregister. Der Beschuldigte gilt als unbescholten. Bei welchen Delikten ist eine Diversion möglich? Und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Der vorliegende Beitrag arbeitet die Grundlagen zu diversionellen Verfahrenserledigungen heraus und zeigt die verschiedenen Vorteile einer Diversion für Beschuldigte auf. Zudem wird erläutert, wie ein Strafverteidiger dabei unterstützen kann, die Wahrscheinlichkeit einer diversionellen Erledigung zu erhöhen.

Allgemeines zur Diversion

Wenn das Ermittlungsverfahren nicht eingestellt wird, sieht das klassische Strafverfahren grundsätzlich folgenden Ablauf vor: Anklage — Urteil — gegebenenfalls Rechtsmittelverfahren. Dies kann zeit- und kostenintensiv und zudem nervenaufreibend werden. Auch die Reputation kann durch eine öffentliche Hauptverhandlung und ein mögliches Rechtsmittelverfahren erheblich beeinträchtigt werden.

Die Diversion ermöglicht im Bereich der leichten und mittelschweren Kriminalität eine vergleichsweise „informelle“ Erledigung des Strafverfahrens. Sie vermeidet die klassischen negativen Folgen einer Verurteilung, wie Geld- oder Freiheitsstrafe sowie eine Eintragung im Strafregister, kann aber durch geldwerte Ausgleichszahlungen oder andere Formen der Schadensgutmachung  oder sonstigen Weisungen dennoch eine verhaltenssteuernde Funktion haben.

Mittlerweile werden in Österreich mehr Strafverfahren im Bereich der leichten und mittelschweren Kriminalität diversionell erledigt, als durch Verurteilungen.

In welchen Fällen kommt eine Diversion in Frage?

Für eine diversionelle Erledigung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Strafdrohung: Die vorgeworfene Tat darf nicht mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sein. Bei Sexualdelikten kommt eine Diversion nur in Betracht, wenn die Strafdrohung nicht mehr als drei Jahre beträgt.
  • Offizialdelikt: Die vorgeworfene strafbare Handlung muss ein Offizialdelikt sein, also eine Straftat, die von Amts wegen von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt wird.
  • Hinreichend geklärter Sachverhalt: Der Sachverhalt muss zum Zeitpunkt der Diversion hinreichend aufgeklärt sein.
  • Kein Einstellungsgrund: Eine Einstellung des Verfahrens, beispielsweise aufgrund mangelnder Strafbarkeit oder aus Mangel an Beweisen, kommt nicht in Betracht.
  • General- und Spezialprävention: Eine Bestrafung darf weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen notwendig sein.
  • Keine schwere Schuld: Die Schuld des Beschuldigten darf nicht als schwer angesehen werden.
  • Keine Todesfolge: Die Tat darf nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt haben.
  • Verantwortungsübernahme: Der Beschuldigte muss die Verantwortung für das ihm zur Last gelegte Tatgeschehen übernehmen und dem diversionellen Vorgehen zustimmen.

Bei Verfahren gegen Verbände im Rahmen des Unternehmensstrafrechts ist darüber hinaus die Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine zwingende Voraussetzung für eine Diversion.

Welche Arten von Diversionen gibt es?

Im Strafverfahren gibt es mehrere Arten von Diversionen:

  • Geldbuße (§ 200 StPO): Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Straftat zurücktreten, wenn der Beschuldigte einen Geldbetrag zugunsten des Bundes entrichtet. Dieser Betrag darf den Wert einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zuzüglich der im Fall einer Verurteilung zu ersetzenden Kosten des Strafverfahrens nicht übersteigen.
  • Gemeinnützige Leistungen (§§ 201 f StPO): Bei dieser Diversionsart erklärt sich der Beschuldigte bereit, innerhalb einer bestimmten Frist von sechs Monaten unentgeltliche gemeinnützige Leistungen zu erbringen. Diese dürfen insgesamt nicht mehr als 240 Stunden in Anspruch nehmen und sollen die Bereitschaft des Beschuldigten zum Ausdruck bringen, für die Tat einzustehen.
  • Probezeit (§ 203 StPO): Die Staatsanwaltschaft kann auch von der Verfolgung einer Straftat unter Bestimmung einer Probezeit von einem bis zu zwei Jahren vorläufig zurücktreten. Soweit nicht aus besonderen Gründen darauf verzichtet werden kann, sind dem Beschuldigten während der Probezeit bestimmte Pflichten aufzuerlegen, die ihn in Form von Weisungen erteilt werden können, und sich von einem Bewährungshelfer betreuen zu lassen. Dabei kommt insbesondere die Pflicht in Betracht, den entstandenen Schaden nach Kräften gutzumachen oder sonst zum Ausgleich der Folgen der Tat beizutragen.
  • Tatausgleich (§ 204 StPO): Wenn durch die Tat Rechtsgüter einer Person unmittelbar beeinträchtigt wurden, kann ein Tatausgleich erfolgen. Der Beschuldigte muss bereit sein, für die Tat einzustehen, sich mit deren Ursachen auseinanderzusetzen und allfällige Folgen der Tat auf eine den Umständen nach geeigneter Weise auszugleichen.

Ob und in welcher Form Diversion angeboten wird, entscheidet im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren die Staatsanwaltschaft, im gerichtlichen Hauptverfahren das Gericht.

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Dr. Elias Schönborn

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Dr. Elias Schönborn
Rechtsanwalt und Strafverteidiger

Vorteile der Diversion

Diversion bewirkt keine „Entkriminalisierung“, sondern ermöglicht eine am Ultima-ratio- Prinzip orientierte staatliche Reaktion auf strafbares Verhalten, ohne den Beschuldigten aus seiner individuellen Verantwortung zu entlassen oder das Vertrauen der Allgemeinheit in den Bestand und die Bewährung des Rechts zu enttäuschen. Zugleich fällt der Stigmatisierungseffekt einer Strafregistereintragung bei einer Diversion weg. Für Beschuldigte liegt der größte Vorteil einer Diversion also darin, dass er nicht förmlich verurteilt wird. Es gilt also weiterhin die Unschuldsvermutung.

Zudem werden durch eine Diversion Justizressourcen geschont, da langwierige Haupt- und Rechtsmittelverfahren vermieden werden können. Für jugendliche Straftäter kann die Diversion besonders wertvoll sein, da sie ihnen eine zweite Chance bietet, lange Zeit durch eine Eintragung im Strafregister belastet zu sein.

Strafverteidigung zur Optimierung der Chancen auf Diversion

Bei strafrechtlichen Vorwürfen und der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bietet es sich an, als Beschuldigter schnellstmöglich einen Strafverteidiger beizuziehen, um die Chancen auf eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eine Diversion zu verbessern. Ein Strafverteidiger kann beurteilen, ob die Voraussetzungen für eine Diversion vorliegen, und die Verteidigungsstrategie entsprechend darauf abstellen, wenn dies im entsprechenden Fall sinnvoll erscheint.

Darüber hinaus ist ein Strafverteidiger in der Lage, während des Ermittlungsverfahrens auf Augenhöhe mit der Staatsanwaltschaft zu kommunizieren und dafür zu sorgen, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind, um für seinen Mandanten das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Auch während einer gerichtlichen Hauptverhandlung kein auf Strafrecht spezialisierter Rechtsanwalt mit dem Gericht eine allenfalls notwendige Verantwortungsübernahme erörtern, um eine dadurch in Betracht kommende Diversion zu diskutieren.

Dr. Elias Schönborn
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FAZIT

Diversionelle Erledigungen stellen ein wertvolles Instrument im Strafverfahren dar, um eine strafrechtliche Verurteilung mit oft existenzbedrohenden Auswirkungen zu verhindern. Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann die Chancen auf eine Diversion erheblich verbessern und den Beschuldigten dabei unterstützen, den bestmöglichen Verfahrensausgang zu erzielen. Wenn Sie Unterstützung in einem Strafverfahren benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Seite.
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