Darknet und Strafrecht: Rechtsanwalt gibt Einblicke in die Verteidigung im digitalen Schatten

Das Darknet ist längst kein Randphänomen digitaler Subkulturen mehr. Vielmehr sind auch Ermittlungen im Darknet ein fester Bestandteil moderner Strafverfolgungspraxis geworden. Was ursprünglich als technische Infrastruktur zum Schutz politisch verfolgter Personen und journalistischer Quellen konzipiert wurde, dient heute teilweise auch kriminellen Zwecken. Besonders gravierend ist die Lage in Bereichen wie dem internationalen Drogenhandel, der Verbreitung von Missbrauchsabbildungen, dem Vertrieb illegaler Waffen oder der Nutzung gehackter Zugangsdaten. All dies geschieht nicht „auf der Straße“ oder in versteckten Lagerräumen, sondern zunehmend über verschlüsselte Server, digitale Zahlungswege und anonyme Benutzerkonten. Der vorliegende Beitrag thematisiert rechtliche Probleme, die mit dem Darknet einhergehen und stellt dar, wie ein Strafverteidiger bei Vorwürfen unterstützen kann.

Allgemeines zum Darknet

Obwohl das Darknet ein breit-vernetztes technisches Konstrukt ist, das Rückverfolgungen häufig enorm erschwert, ist es weder ein rechtsfreier Raum noch ein unaufklärbarer Nebel, in dem staatliche Ermittlungen scheitern müssen. Vielmehr hat sich das Strafprozessrecht in den vergangenen Jahren erheblich weiterentwickelt. Nationale Ermittlungsbehörden greifen vermehrt zu digitalen Überwachungsmitteln, internationale Polizeikooperationen operieren mit beachtlicher Effizienz und Gerichte beschäftigen sich vermehrt mit Fragen der Beweisverwertung aus hochkomplexen IT-Kontexten.

Typische Straftaten im Darknet

Das Strafrecht knüpft nicht an die Nutzung des Darknets als solche an, sondern an die über dieses Medium begangenen Tat. Demnach ist das bloße „Surfen“ im Darknet oder die Benutzung des Zugangs zu diesem Netzwerk für sich alleine betrachtet nicht strafbar. Die Strafbarkeit ist vielmehr an die im Darknet abgerufenen Inhalte und Aktivitäten und dadurch verwirklichten strafbaren Handlungen und geknüpft. Wesentliche Grundlagen und Anwendungsbereiche in diesem Kontext sind das Strafgesetzbuch (StGB), das Suchtmittelgesetz (SMG), das Waffengesetz (WaffG) und ergänzende spezialgesetzliche Normen.

Besonders häufig ist der Erwerb (§ 27 SMG) oder der Handel mit Suchtmitteln (§ 28a SMG) über digitale Plattformen. Anders als im klassischen Straßenhandel erfolgt die Kommunikation über verschlüsselte Nachrichtendienste oder versteckte Foren. Oft werden Kryptowährungen als Bezahlmethode genutzt und die Lieferung erfolgt per postalischem Versand. Trotzdem gilt: Auch wer illegale Drogen anonym im Internet bestellt, macht sich strafbar – und zwar unabhängig davon, ob die Sendung tatsächlich eintrifft. Bereits das Bestellen unter Verwendung eines Pseudonyms – bei gleichzeitiger Angabe einer Lieferadresse – kann einen Versuch des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 SMG) darstellen und strafbar sein.

Neben Verstößen gegen das Suchtmittelgesetzt nimmt die Cyberkriminalität im Darknet naturgemäß breiten Raum ein. Tathandlungen wie der Verkauf von Schadsoftware, gestohlenen Kreditkartendaten, Fake-Identitäten, Falschgeld oder andere Handlungen im Darknet können unter die Straftatbestände des Betrugs (§ 146 StGB), der Datenbeschädigung (§ 126a StGB), des unbefugten Zugriffs auf Computersysteme (§ 118a StGB), der Störung der Funktionsfähigkeit eines Computersystems (§ 126b StGB), der Urkundenfälschung (§ 223 StGB) oder der Fälschung oder Annahme, Weitergabe oder Besitz falscher oder verfälschter unbarer Zahlungsmittel (§§ 241a, 241b StGB) fallen. Diese Delikte sind nicht nur mit erheblichen Strafrahmen versehen, sondern häufig auch Ausgangspunkt für weiterführende Ermittlungen, etwa in Richtung terroristischer oder krimineller Vereinigungen (§§ 278 StGB, 278b StGB).

Ein weiterer relevanter Deliktsbereich im Darknet betrifft strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, beispielsweise der Straftatbestand der Förderung der Prostitution und pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 215a StGB).

Gerade im Darknet bietet die scheinbare Anonymität einen Nährboden für die genannten Delikte. Täter agieren häufig grenzüberschreitend, was die strafrechtliche Verfolgung zusätzlich erschwert und eine enge internationale Zusammenarbeit erforderlich macht.

Ermittlungsinstrumente im digitalen Raum

Die Strafverfolgung im Bereich Darknet basiert nicht mehr ausschließlich auf klassischen Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen, Telekommunikationsüberwachung oder der Observation. In den vergangenen Jahren hat man sich zunehmend Gedanken zur Beschlagnahme von Datenträgern und Daten gemacht und die diesbezüglichen Bestimmungen auch in der StPO novelliert (§§ 115f – 115l StPO). Die Auswertung beschlagnahmter Daten und Datenträger ermöglicht es den Ermittlungsbehörden, deutlich umfangreichere Informationen auf ihre strafrechtliche Relevanz zu prüfen als im Rahmen klassischer analoger Ermittlungsmaßnahmen.

In der Praxis kommt es dabei regelmäßig zu sogenannten Zufallsfunden: Hierbei handelt es sich um Beweismittel, die im Zuge einer rechtmäßigen Ermittlungsmaßnahme zufällig entdeckt werden, jedoch auf eine andere als die ursprünglich untersuchte Straftat hinweisen.

Eine weitere Entwicklung ist die internationale Vernetzung der Ermittlungsbehörden. Unterschiedliche Operationen zeigen eindrucksvoll, wie Plattformen im Darknet weltweit gleichzeitig abgeschaltet, Daten gesichert und Täter identifiziert werden können. Grundlage dafür sind internationale Rechtshilfeabkommen, gemeinsame Ermittlungszentren und standardisierte Austauschformate wie die European Investigation Order (EIO). Aus Sicht der Strafverteidigung ist hier vor allem relevant, ob die ausländisch erhobenen Daten auch unter österreichischen Verfahrensregeln zulässig verwertbar sind.

Strafverteidigung bei Fällen mit Darknet-Bezug

Strafverteidigung im Kontext von Darknet-Ermittlungen bedeutet vor allem: frühes Handeln, genaue Kenntnis der Aktenlage und technisches Verständnis. Ein Rechtsanwalt nimmt daher bereits im ErmittlungsverfahrenAkteneinsicht und führt eine erste Bewertung der Beweislage durch.

Zentraler Aspekt in nahezu allen Verfahren ist die Frage der Täterschaft: Wer hat tatsächlich bestellt, versendet, kommuniziert oder gezahlt? In einer digitalen Umgebung mit VPN-Diensten, öffentlichen Netzwerken oder gemeinsam genutzten Geräten lässt sich diese Frage nicht immer eindeutig beantworten. Der bloße Besitz eines Laptops oder das Vorhandensein von Software wie „Tor“ oder „Signal“ reicht nicht für eine strafrechtliche Verurteilung. Vielmehr sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, alle für und gegen den Beschuldigten sprechenden Umstände umfassend zu würdigen. Ein erfahrener Strafverteidiger achtet demnach auf die Wahrung der Beschuldigtenrechte und auf ein fair geführtes Strafverfahren.



Dr. Elias Schönborn
Dr. Elias Schönborn
Rechtsanwalt und Strafverteidiger

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FAZIT

Das Strafrecht im Kontext des Darknets stellt Verteidiger, Gerichte und Ermittlungsbehörden vor neue Herausforderungen. Die technische Komplexität der Kommunikationswege, die internationalen Dimensionen der Strafverfolgung und die teils tiefgreifenden Eingriffe in Grundrechte verlangen eine besonders sorgfältige Anwendung des materiellen und formellen Strafrechts. Für Beschuldigte kann eine unbedachte Aussage oder ein zu spätes Einschalteneine zu späte Beauftragung eines spezialisierten Verteidigers erhebliche Folgen haben – bis hin zu mehrjährigen Haftstrafen und dauerhaften Rufschäden. Wenn Sie strafrechtliche Unterstützung benötigen, vereinbaren Sie gerne eine Erstberatung.
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