Allgemeines
In Österreich sind die Körperverletzungsdelikte in den §§ 83 – 88 StGB geregelt.
Grundsätzlich liegt eine Körperverletzung dann vor, wenn jemand einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt. Die konkrete Abgrenzung des Grundtatbestandes des § 83 StGB und der Qualifikationen erfolgt nach unterschiedlichen Gesichtspunkten. Zum einen sind die Schwere der Verletzungen und die Tathandlung entscheidende Faktoren. Zum anderen werden bei der Strafzumessung und der Abgrenzung der Straftatbestände auch besondere Umstände berücksichtigt. Hierzu zählen etwa Gewalttaten gegen bestimmte Personengruppen, wie zB Beamte, oder die Verwendung gefährlicher Mittel.
Körperverletzung (§ 83 StGB)
Das „Grunddelikt“ der Körperverletzung ist in § 83 StGB normiert. Wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, kann sich wegen Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB strafbar machen. Ebenso zu bestrafen ist, wer einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt (§ 83 Abs 2 StGB).
Verletzung
Unter einer Verletzung am Körper wird ein nicht ganz unerheblicher Eingriff in die körperliche Integrität verstanden. Wunden, Schwellungen, Verstauchungen, Verrenkungen, Brüche und sonstige Läsionen oder die Lockerung der Zähle fallen jedenfalls unter den Verletzungsbegriff.
Zu beachten ist, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Körperverletzung nicht zwingend mit Schmerzen verbunden sein muss. Schmerzen werden lediglich als Indiz für das Vorliegen einer Verletzung am Körper angesehen. Dieser Grundsatz gilt nach der Ansicht des OGH auch in Bezug auf Gesundheitsschädigungen. Auch ohne Schmerzen kann eine strafbare Körperverletzung vorliegen.
Gesundheitsschädigung
Von einer Gesundheitsschädigung spricht man bei körperlichen oder seelischen Funktionsstörungen, die bereits einen Krankheitswert aufweisen. Neben körperlichen kommen auch geistig-seelische Leiden in Betracht. Beispiele für Gesundheitsschädigungen bilden Infektionen mit Salmonellen, Schockzustände oder Vergiftungen (darunter fallen auch schwere Rausch- und Betäubungszustände). Ein durch Schlafmittel bewirkter bloßer Schlafzustand stellt hingegen keine Gesundheitsschädigung dar.
Misshandeln als Tathandlung (Abs 2)
Um sich wegen Körperverletzung strafbar zu machen, muss der Täter (zumindest) eine körperliche Misshandlung gegen das Opfer ausüben. Dazu muss der Täter auf den Körper des anderen mit physischer Kraft einwirken. Dabei muss das körperliche Wohlbefinden des anderen nicht ganz unerheblich beeinträchtigt werden. Klassische Beispiele für Misshandlungen sind beispielsweise Stöße, Ohrfeigen, Umwerfen oder Beinstellen.
Vorsatz und Fahrlässigkeit
In Abgrenzung zur fahrlässigen Körperverletzung (§ 88 StGB) muss der Täter bei der Körperverletzung nach § 83 StGB die Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung zur Zeit der Tat vorsätzlich herbeiführen. Es genügt, wenn er es ernsthaft für möglich hält und sich damit abfindet, dass das Opfer durch seine Tat verletzt oder an der Gesundheit geschädigt wird (Eventualvorsatz nach § 5 Abs 1 StGB).
Im Falle des oben bereits skizzierten § 83 Abs 2 StGB muss dieser Verletzungsvorsatz für eine Strafbarkeit nicht gegeben sein. Es genügt, dass der Täter jemand anderen vorsätzlich (wiederum Eventualvorsatz) misshandelt und dadurch fahrlässig eine Verletzung oder Gesundheitsschädigung herbeiführt. Es reicht daher Misshandlungsvorsatz.
Eine Fahrlässigkeit wird dann angenommen, wenn eine objektive Sorgfaltswidrigkeit vorliegt. Diese kann sich entweder aus der Verletzung einer anderen Rechtsnorm (bspw die StVO), einer Verkehrsnorm (bspw die Regeln des internationalen Skiverbands) oder subsidiär auch aus dem Verhalten einer Maßfigur, also einer besonnenen und einsichtigen Person aus dem Verkehrskreis des Täters, ergeben. Zusätzlich muss der Täter subjektiv sorgfaltswidrig gehandelt haben, damit von einer Fahrlässigkeitsstrafbarkeit ausgegangen werden kann. Das bedeutet, dass ihm persönlich vorwerfbar sein muss, dass er in dieser konkreten Situation objektiv sorgfaltswidrig gehandelt hat.
Strafdrohung
Wer nach § 83 Abs 1 StGB einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt, oder nach Abs 2 einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.
Hingegen ist eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu verhängen, wenn der Täter eine Körperverletzung an einem Fahrer oder Kontrolleur eines Massenverkehrsmittels begeht (§ 83 Abs 3 Z 1 StGB). Dieselbe Strafdrohung gilt nach Z 2 bei Körperverletzungen an Personen, die in einem gesetzlich geregelten Gesundheitsberuf, in einer anerkannten Rettungsorganisation oder in der Verwaltung im Bereich eines solchen Berufs, insbesondere einer Krankenanstalt, oder als Organ der Feuerwehr tätig sind. Z 2 schützt demnach etwa Ärzte, Rettungssanitäter, Krankenpfleger oder Feuerwehrleute.
Schwere Körperverletzung (§ 84 StGB)
Wer nach § 84 Abs 1 StGB einen anderen am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit verursacht, begeht eine schwere Körperverletzung. Ebenso macht sich nach § 84 StGB strafbar, wer jemanden eine an sich schwere Verletzung zufügt. Dazu zählen beispielsweise die Eröffnung größerer Blutgefäße, ein Nasenbeintrümmerbruch sowie die meisten Knochenbrüche und viele weitere schwerwiegende Verletzungen.
Eine schwere Körperverletzung liegt auch in folgenden Konstellationen vor:
- Eine Person begeht eine Körperverletzung (§ 83 Abs 1 oder Abs 2. StGB) an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten (§ 84 Abs 2 StGB);
- Ein Täter verwirklicht mindestens drei selbstständige Taten (§ 83 Abs 1 oder Abs 2 StGB) ohne begreiflichen Anlass und unter Anwendung erheblicher Gewalt (§ 84 Abs 3 StGB);
- Es wird eine andere Person am Körper verletzt oder an der Gesundheit geschädigt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung herbeigeführt (§ 84 Abs 4 StGB);
- Eine schwere Körperverletzung ist auch dann zu bejahen, wenn eine (einfache) Körperverletzung
- auf eine Weise, die mit Lebensgefahr verbunden ist,
- mit mindestens zwei Personen in verabredeter Verbindung oder
- unter Zufügung besonderer Qualen
begangen wird (§ 84 Abs 5 StGB).
Strafdrohung
Hat die Körperverletzung eine mehr als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit zur Folge oder hat der Täter dem anderen eine an sich schon schwere Verletzung oder Gesundheitsschädigung zugefügt, ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu verhängen.
Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt und dadurch eine schwere Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung des anderen herbeiführt. Dabei genügt eine fahrlässige Herbeiführung. Es gelten auch hier die zur Fahrlässigkeit oben angeführten Aspekte.
Bei einer Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB), einer Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 86 StGB) sowie einer absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 StGB) gelten jeweils strengere Strafen.
Strafverteidigung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt bei Vorwürfen der Körperverletzung
Im Jahr 2023 wurden in Österreich mehr als 42.000 Anzeigen wegen Körperverletzung (§ 83 StGB) erstattet. Lediglich etwa 10 % davon führten letztlich zu einer Verurteilung des Täters. Ausschlaggebend für diese geringe Verurteilungsquote ist häufig eine profunde und gewissenhafte Strafverteidigung. Wenn Sie das Delikt der Körperverletzung begangen haben, zögern Sie nicht, einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren. Dieser unterstützt Sie bei der Aufarbeitung des Sachverhalts, vertritt Sie vor Gerichten und unterstützt Sie in allen Phasen des Strafverfahrens.
Darüber hinaus begleitet Sie Ihr Strafverteidiger zur Beschuldigtenvernehmung und stellt sicher, dass Ihre Beschuldigtenrechte gewahrt werden. Es ist daher ratsam, bereits zu Beginn des Ermittlungsverfahrens einen Strafverteidiger zu konsultieren, um eine gezielte Verteidigungsstrategie zu entwickeln und diese von Anfang an umzusetzen.
Opfer einer Körpverletzung? Ansprüche durch Privatbeteiligung durchsetzen
Wenn Sie Opfer einer Körperverletzung geworden sind, sollten Sie erwägen, bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten. Ein Rechtsanwalt unterstützt Sie bei der Erstellung einer Sachverhaltsdarstellung oder Strafanzeige und unterzieht Ihren Fall bei Bedarf einer rechtlichen Prüfung und Ersteinschätzung. Er zeigt Ihnen auch Ihre rechtlichen Möglichkeiten als Opfer einer Straftat auf und kann Ihnen sämtliche Vor- und Nachteile der jeweiligen Optionen darlegen.
Darüber hinaus unterstützt Sie ein Rechtsanwalt im Rahmen einer Privatbeteiligung. Mithilfe eines Privatbeteiligtenanschlusses können mögliche Schadenersatz- und Schmerzengeldansprüche unmittelbar im Strafverfahren geltend gemacht werden. In bestimmten Fallkonstellationen können darüber hinaus zivilrechtliche Ansprüche im Rahmen einer Klage vor dem zuständigen Zivilgericht durchgesetzt werden – ab einem Streitwert von EUR 5.000 ist ein Rechtsanwalt sogar obligatorisch. Unabhängig davon, ob eine Anwaltspflicht besteht oder nicht, ist die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt in jedem Fall zu empfehlen.