Beginn des Strafverfahrens
Sobald bestimmte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Straftat begangen wurde, besteht ein strafrechtlicher Anfangsverdacht. Wird ein solcher Anfangsverdacht bejaht, nehmen die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei Ermittlungen auf, um den Verdacht zu klären. Damit beginnt das strafrechtliche Ermittlungsverfahren.
Sobald die Strafverfolgungsbehörden eine Person als Beschuldigten in einem Strafverfahren führen, sind sie grundsätzlich dazu verpflichtet, den Beschuldigten darüber schriftlich zu verständigen.
Die Verständigung darf nur so lange unterbleiben als besondere Umstände befürchten lassen, dass ansonsten der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre, insbesondere weil Ermittlungen oder Beweisaufnahmen durchzuführen sind, deren Erfolg voraussetzt, dass der Beschuldigte keine Kenntnis von den gegen ihn geführten Ermittlungen hat.
In der Praxis geschieht die Verständigung des Beschuldigten in der überwiegenden Zahl der Fälle (erst) durch die Zustellung einer Ladung zur Vernehmung als Beschuldiger durch die Kriminalpolizei oder im Zuge einer Zwangsmaßnahme (zB eine Hausdurchsuchung).
Rasche Beiziehung eines Strafverteidigers ist empfehlenswert
Sobald ein Beschuldigter Kenntnis davon erlangt, dass gegen ihn in einem Strafverfahren ermittelt wird, besteht ein akutes Schutzbedürfnis. In dieser Situation ist die zeitnahe Einbeziehung eines Strafverteidigers empfehlenswert. Dieser kann nicht nur die rechtlichen Aspekte des Falls bewerten, sondern auch als Vermittler zwischen dem Betroffenen und den Strafverfolgungsbehörden fungieren. Zudem gibt der Strafverteidiger eine Strategie zur bestmöglichen Verteidigung vor und agiert als „menschlicher Beistand“ in dieser herausfordernden Situation.
Wichtige Beschuldigentrechte
Die Strafverfolgungsbehörden sind im gesamten Strafverfahren an gesetzlich verankerte Grundsätze wie den Amtswegigkeitsgrundsatz und das Objektivitätsgebot gebunden. Sie haben daher von Amts wegen sowohl belastende als auch entlastende Beweise zu erheben. Der Beschuldigte ist in diesem Verfahren nicht bloßes Objekt, sondern Verfahrensbeteiligter mit wichtigen Rechten, die wirksam ausgeübt werden müssen.
Zu den wichtigsten Beschuldigtenrechten im Ermittlungsverfahren zählen unter anderem:
- das Recht, einen Strafverteidiger seiner Wahl hinzuzuziehen (§ 58 StPO),
- das Recht auf rechtliches Gehör, welches auch das Recht beinhaltet, sich zu äußern oder die Aussage zu verweigern (§ 7 Abs 2, § 49 Abs 1 Z 4 StPO),
- das Recht auf Akteneinsicht (§§ 51-53 StPO),
- das Recht, die Aufnahme von Beweisen zu beantragen (§ 55 StPO),
- das Recht, Rechtsmittel (etwa Einspruch wegen Rechtsverletzung nach § 106 StPO und Beschwerde nach § 87 StPO) zu erheben sowie
- das Recht, die Einstellung des Ermittlungsverfahrens zu beantragen (§ 108 StPO).
Im Ermittlungsverfahren hat der Beschuldigte somit zahlreiche Möglichkeiten, sich aktiv am Strafverfahren zu beteiligen. Dies ist anzuraten, da in diesem Verfahrensstadium das Fundament für den weiteren Prozess gelegt wird. Eine effektive Verteidigungsstrategie kann dazu beitragen, die Vorwürfe schnell zu widerlegen oder das Verfahren durch gezielte Beweisanträge zu beeinflussen.
Sobald bekannt wird, dass ein Ermittlungsverfahren anhängig ist, sollte der Verteidiger zügig Akteneinsicht beantragen, eine Verteidigungsstrategie entwickeln und mögliche Vorgehensweisen mit seinem Mandanten besprechen. Oftmals ist es ratsam, den Ermittlungsbehörden zeitnah eine Darstellung des Sachverhalts aus der Perspektive des Beschuldigten zu übermitteln.
Eine abgestimmte Verteidigung mehrerer Beschuldigter, bei der die jeweiligen Verteidiger sich untereinander koordinieren, kann je nach Sachverhalt sinnvoll sein. Grundsätzlich sollte jeder Beschuldigte oder belangte Verband durch einen eigenen Rechtsanwalt vertreten werden.
Beschuldigtenvernehmung und schriftliche Stellungnahme
Beschuldigte dürfen sich in einem Strafverfahren verantworten, wie sie möchten, solange sie dadurch nicht in unzulässiger Weise die Rechte Dritter verletzen (etwa durch eine Verleumdung). Sie können eine Aussage im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung tätigen oder nicht aussagen, ohne dass ihnen dies zum Nachteil gereichen darf. Grundsätzlich ist es nicht ratsam, an einer Beschuldigtenvernehmung ohne Anwesenheit eines Strafverteidigers teilzunehmen. Fehler, die dort passieren, können im Nachhinein kaum oder gar nicht mehr saniert werden.
Es besteht auch die Möglichkeit, eine schriftliche Stellungnahme einzubringen, in der der Sachverhalt und die rechtlichen Kernpunkte aus der Sicht des Beschuldigten dargelegt werden. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass der Beschuldigte dem Druck einer mündlichen Vernehmung entgehen kann. Auch hierbei empfiehlt sich, mit der Unterstützung eines Rechtsanwalts die Stellungnahme so auszuarbeiten, dass sie jene Informationen enthält, die für die Strafverfolgungsbehörden wesentlich sind.