Ladung als Zeuge vor Polizei oder Gericht? – Rechtsanwalt gibt Tipps und erklärt Ablauf einer Zeugenvernehmung

Die Zeugenvernehmung ist ein zentrales Instrument der Beweisaufnahme im Strafverfahren. Strafverfolgungsbehörden laden Zeugen, um einen Sachverhalt zu klären und mögliche strafbare Handlungen zu ermitteln. Zeugenaussagen tragen dabei entscheidend zur Wahrheitsfindung bei, sind aber für die Zeugen selbst jedoch häufig mit Unsicherheiten verbunden. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über den Ablauf einer Zeugenvernehmung und die dabei geltenden Grundsätze und Aussageverweigerungsrechte. Außerdem wird die Rolle eines auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalts erläutert, der Zeugen bei der Wahrung ihrer Rechte unterstützen kann.

Ladung zur Zeugenvernehmung und Unterschied zur Beschuldigtenvernehmung

Eine Person, die vernommen werden soll, ist in der Regel schriftlich vorzuladen. Die Ladung muss den Gegenstand des Verfahrens und der Vernehmung sowie den Ort, den Tag sowie die Uhrzeit der Vernehmung zu enthalten.

Wenn Sie eine Ladung zu einer Vernehmung erhalten, sollten Sie sich näher mit Ihren Rechten und Pflichten auseinandersetzen, um keine (unnötigen) Risiken einzugehen. Jedermann ist verpflichtet, eine Ladung zu befolgen, und kann im Fall seines ungerechtfertigten Ausbleibens vorgeführt werden, wenn dies in der Ladung ausdrücklich angedroht wurde.

Wichtig ist, zwischen einer Beschuldigtenvernehmung und einer Zeugenvernehmung zu unterscheiden, da Beschuldigte und Zeugen unterschiedliche Rechte und Pflichten haben. Zeugen sind vom Beschuldigten verschiedene Personen, die zur Aufklärung der Straftat wesentliche oder sonst den Gegenstand des Verfahrens betreffende Tatsachen mittelbar oder unmittelbar wahrgenommen haben könnten und darüber im Verfahren aussagen sollen.

Ob Sie als Zeuge oder Beschuldigter geladen wurden, ergibt sich klar aus dem Wortlaut der Ladung.

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Dr. Elias Schönborn

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Dr. Elias Schönborn
Rechtsanwalt und Strafverteidiger

Muss ich als Zeuge aussagen?

Zeugen sind verpflichtet, richtig und vollständig auszusagen. Eine falsche Beweisaussage im Zuge einer Vernehmung ist strafbar. Wenn Sie sich an bestimmte Details, wie den Tathergang oder das Aussehen einer Person, nicht mehr genau erinnern, teilen Sie dies während Ihrer Vernehmung klar mit. Beachten Sie aber, dass das bewusste Verschweigen von relevanten Tatsachen, zu denen Sie Wahrnehmungen haben ebenfalls als falsche Beweisaussage strafbar sein kann.

Trotz dieser Umstände sind Zeugen teilweise von der Pflicht zur Aussage befreit oder haben das Recht, die Aussage zu verweigern. Im Folgenden wird auf diese Aspekte näher eingegangen.

Vernehmungsverbote

Bestimmte Personen unterliegen aufgrund ihrer beruflichen Verschwiegenheitspflichten einem Vernehmungsverbot (§ 155 Abs. 1 StPO). Geistliche dürfen nicht vernommen werden, wenn es um Informationen geht, die ihnen in der Beichte oder unter ihrer geistlichen Amtsverschwiegenheit anvertraut wurden. Ebenso gilt das Vernehmungsverbot für Beamte, wenn sie zu Sachverhalten befragt werden sollen, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen. Unzulässig ist auch die Vernehmung von Personen, die aufgrund der Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Darüber hinaus ist eine Vernehmung unzulässig, wenn Personen aufgrund einer psychischen Krankheit, einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sind, die Wahrheit anzugeben.

Aussagebefreiung von einer Zeugenvernehmung

Zeugen sind grundsätzlich verpflichtet, einer Ladung zur Vernehmung Folge zu leisten und auszusagen. Allerdings gibt es bestimmte Umstände, unter denen eine Befreiung von der Aussagepflicht möglich ist (§ 156 StPO). Diese Personen können, müssen aber nicht aussagen. Hat ein Zeuge auf seine Befreiung von dieser Aussagepflicht nicht ausdrücklich verzichtet, so ist seine gesamte Aussage nichtig.

Von der Pflicht zur Aussage befreit sind Personen, die gegen Angehörige aussagen sollen und besonders schutzbedürftige Opfer (z. B. Minderjährige), wenn die Parteien Gelegenheit hatten, sich an einer vorausgegangenen kontradiktorischen Vernehmung zu beteiligen.

Aussageverweigerung von Zeugen

Zeugen können eine Aussage verweigern, wenn sie ansonsten sich selbst oder einen Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder im Zusammenhang mit einem gegen sie geführten Strafverfahren der Gefahr aussetzen würden, sich über ihre bisherige Aussage hinaus selbst zu belasten (Gefahr der Selbstbelastung).

Darüber hinaus können Angehörige bestimmter Berufsgruppen die Aussage verweigern, wenn es um Informationen geht, die sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erfahren haben. So sind unter anderem Strafverteidiger, Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Psychiater, Psychotherapeuten, Psychologen und Mediatoren berechtigt, die Aussage über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist, zu verweigern, um ihre Verschwiegenheitspflichten zu schützen.

Zudem sind nach dem sogenannten Redaktionsgeheimnis Medieninhaber (Herausgeber), Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes berechtigt, die Aussage über Fragen zu verweigern, welche die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen betreffen oder die sich auf Mitteilungen beziehen, die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemacht wurden.

Wurden Zeugen nicht rechtzeitig über ihr Aussageverweigerungsrecht aufgrund der Verschwiegenheitspflichten und des Redaktionsgeheimnisses informiert, sind jene Teile der Aussage nichtig, auf die sich das Verweigerungsrecht bezieht.

Umgehungsverbot

Das Aussageverweigerungsrecht darf nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen oder auf Datenträgern gespeicherten Informationen oder durch Vernehmung von Hilfskräften oder Personen, die sich dort in Ausbildung befinden. Dies gilt auch für Unterlagen und Informationen, die sich in der Verfügungsmacht des Beschuldigten oder eines Mitbeschuldigten befinden und zum Zwecke der Beratung oder Verteidigung des Beschuldigten genannte Personen von dieser oder vom Beschuldigten erstellt wurden.

Wird das Umgehungsverbot verletzt, begründet dies beispielsweise bei einer Verletzung der dargestellten beruflichen Verschwiegenheitspflichten und des Redaktionsgeheimnisses die Nichtigkeit der entsprechenden Beweisaufnahme.

Aussageverweigerungsrecht bei einzelnen Fragen

Die Beantwortung einzelner Fragen können verweigern:

  1. Personen, soweit sie ansonsten sich oder einen Angehörigen der Schande oder der Gefahr eines unmittelbaren und bedeutenden vermögensrechtlichen Nachteils (etwa Entlassung, Kündigung, Enterbung oder Aufdeckung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen) aussetzen würden,
  2. Personen, die durch die dem Beschuldigten zur Last gelegte Straftat in ihrer Geschlechtssphäre verletzt wurden oder verletzt worden sein könnten, soweit sie Einzelheiten der Tat zu offenbaren hätten, deren Schilderung sie für unzumutbar halten,
  3. Personen, soweit sie Umstände aus ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich oder dem höchstpersönlichen Lebensbereich einer anderen Person zu offenbaren hätten.

Die genannten Personen könnnen jedoch trotz Weigerung zur Aussage verpflichtet werden, wenn dies wegen der besonderen Bedeutung ihrer Aussage für den Gegenstand des Verfahrens unerlässlich ist.

Ablauf einer Zeugenvernehmung

Zu Beginn der Vernehmung wird der Zeuge über seine Rechte und Pflichten belehrt, einschließlich der oben dargestellten Befreiungen von der Aussage und des Aussageverweigerungsrecht. Nach der Erfassung der Personalien wird der Zeuge aufgefordert, zu schildern, was er zum Sachverhalt beitragen kann. Er ist, um eine zusammenhängende Darstellung seiner Wahrnehmungen zu ersuchen. Im Anschluss daran werden im Regelfall weitere Fragen gestellt.

Zeugen werden in der Regel einzeln und in Abwesenheit anderer Verfahrensbeteiligter und Zeugen vernommen. Die Vernehmung im Ermittlungsverfahren findet im Regelfall in einer Polizeidienststelle, in der Hauptverhandlung in einem Gericht statt.

Auf Wunsch des Zeugen darf eine Vertrauensperson an der Vernehmung teilnehmen. Die Vertrauensperson kann auch ein Rechtsanwalt sein, der als Zeugenbeistand darauf achtet, dass die Vernehmung ordnungsgemäß durchgeführt wird.

Was ist eine kontradiktorische Zeugenvernehmung?

Eine kontradiktorische Zeugenvernehmung dient der Vernehmung besonders schutzwürdiger Opfer und wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Gericht durchgeführt. Insbesondere Opfer, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten, haben das Recht, eine kontradiktorische Vernehmung sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung zu verlangen.

Bei einer kontradiktorischen Vernehmung im Strafprozess begegnen sich der Beschuldigte und der Zeuge beziehungsweise das Opfer nicht direkt. Die Vernehmung erfolgt unter strikter räumlicher Trennung, um eine direkte Konfrontation zwischen Beschuldigtem und Opfer/Zeugen zu verhindern. Diese Vorgehensweise soll das Opfer oder den Zeugen vor zusätzlichen Belastungen schützen und wird daher als „schonend“ bezeichnet.

Rechtsanwalt als Zeugenbeistand

Wenn Sie nach dem Erhalt einer Ladung als Zeuge Fragen haben, sich unsicher fühlen, ob Sie aussagen müssen oder nicht, oder wenn Sie durch die Tat geschädigt wurden und Schadenersatzansprüche geltend machen wollen, empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren, der Sie in dieser Situation unterstützen kann. Dieser kann sicherstellen, dass Ihre Rechte als Zeuge geschützt werden und keine unzulässigen Fragen gestellt werden. Besonders in komplexen oder belastenden Situationen kann es vorkommen, dass Zeugen Angaben machen, die später gegen sie verwendet werden könnten oder den Verlauf des Verfahrens negativ beeinflussen.

Ein erfahrener Rechtsanwalt schafft Klarheit und schützt Sie vor rechtlichen Fallstricken. So wird sichergestellt, dass die Vernehmung fair und im Rahmen der geltenden rechtlichen Vorgaben abläuft. Jeder Zeuge hat das Recht, einen Rechtsanwalt als Vertrauensperson bei seiner Vernehmung hinzuzuziehen.Wenn Sie durch die Tat finanziell geschädigt oder verletzt wurden, stehen Ihnen Schadenersatzansprüche zu, die Sie im Wege des Privatbeteiligtenanschlusses im Strafverfahren geltend machen können. Weiters besteht die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Klage.

Dr. Elias Schönborn
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Rechtsanwalt und Strafverteidiger

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FAZIT

Wenn Sie als Zeuge eine Ladung zur Vernehmung erhalten, kann ein Rechtsanwalt Sie vor, während und nach Ihrer Vernehmung unterstützen, auf die Einhaltung Ihrer Rechte beharren und Schadenersatzansprüche für Sie geltend machen. Benötigen Sie rechtlichen Beistand in einem Verfahren oder haben Sie sonstige rechtliche Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.
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